Buchmesse: Wolfgang Hohlbein auf dem Blauen Sofa Drucken E-Mail
Geschrieben von: Cindy Loether   
Montag, den 28. März 2011 um 20:29 Uhr

Selten findet man den in Neuss lebenden Autor in den Schlagzeilen der Boulevardpresse, doch das ist ihm ganz recht. Er wohnt im großen Kreis seiner Familie und tritt ganz als er selbst auf. Während andere geschniegelt und gebügelt im Anzug, Hemd und Kravatte kommen, erscheint er ganz schlicht in abgetragener Lederjacke, dunkler Hose, ohne jede Zierde, puristisch, sympathisch, Wolfgang Hohlbein. Gespannt lauscht das zahlreiche Publikum, während er seine Meinung ganz frei heraus äußert.


Über vieles wird auf dem Sofa diskutiert, über die Rolle der modernen Unterhaltungsliteratur und der richtigen, wichtigen Literatur. Er selbst sehe sich nicht als einen Autor, wie die Herren Grass oder Böll, diese schreiben nach seiner Ansicht etwas vollkommen anderes. Er habe einfach nur Spaß daran, Geschichten zu erzählen.

Der gelernte Industriekaufmann wollte schon immer etwas Kreatives machen, und so sei es für ihn ein Glücksgriff, als er vor 30 Jahren sein Hobby zum Beruf machte. Mit Herz und Seele sei er dabei, denn nur, was Spaß bereite, tue man auch vollkommen.

Man kann vermuten, Fantasyautor zu sein, sei einfach. Man muss ja nur darauf losspinnen, aber nein: Schwer werde es, wenn man den eigenen erfundenen Gesetzen folgen muss. Je komplexer die Welt, desto leichter könne man sich in seinen eigenen Regeln verheddern.

Das Sofa entlockt Hohlbein so einiges. Er wisse selten etwas über seine Geschichten, bevor er sie schreibt, sie entwickeln sich im Laufe des Aufschreib-Prozesses. Er sei keiner der Autoren, welche bereits vorher ein Exposee haben und genau wissen, was passiert. Wolfgang Hohlbein erlebt seine Geschichten und Welten während des Aufschreibens. Dabei nutzt er moderne Mittel, zum Beispiel elektronische Stifte, denn er schreibe immer noch gern die ersten Fassungen in ein normales Schulheft. Nur das mühsame Abtippen lasse er sich von der modernen Technik abnehmen.

Auf der Bühne kann man einen sehr zugänglichen, offenen Autor erleben, der das Publikum mit seinen ehrlichen ungeschönten, aber intelligenten Aussagen einfängt. Kein schnödes, eloquentes Dahergerede, sondern faszinierende Ansichten tun sich nicht nur den anwesenden Fans auf.

Der Autor, der 1982 mit "Märchenmond" mit Hilfe eines Wettbewerbs des Ueberreuter Verlags den Durchbruch schaffte, hat mittlerweile sieben Millionen Exemplare des Buchs verkauft. Inmitten von Büchern, deren Haltbarkeitsdatum nach meist einem halben Jahr überschritten ist, stellt es eines der beständig erfolgreichen Bücher dar. Es würde ihn reizen, so verrät er, ganz oben auf den Bestsellerlisten zu stehen, das müsse er ehrlich zugeben, aber eigentlich sei ihm diese Beständigkeit viel lieber.

Als Fantasy-Autor ist er bekannt, aber sei der Begriff Fantasy in seinen Augen zu begrenzt, impliziere er doch oft die Verbindung zu Elfen oder Barbaren. Phantastik sei seiner Ansicht nach ein besserer Ausdruck – es umschreibe alles von Jules Verne bis hin zu Homer. Ihn selbst präge eine andere Art Fantasy:  Karl May. Bereits in jungen Jahren las er von fremden Kulturen und anderen Welten. Bücher wie "Perry Rhodan" oder von H. P. Lovecraft seien nicht so populär gewesen wie moderne Fantasy bzw. Phantastik-Romane.

Sein aktuelles Buch "Infinty - Der Turm", der erste Teil einer Trilogie, ist vor Kurzem erschienen und gab Anlass zur Einladung auf das Blaue Sofa. "Infinty" ist das Buch, das Hohlbein seit dreißig Jahren schreiben wollte: Vor langer Zeit bereits hatte er die Idee zur ersten Szene. Ein Bild des Turms hängt seitdem in Hohlbeins Haus. Nach dreißig Jahren war es nun Zeit: Schnell war es niedergeschrieben, nach fünf Monaten war die Rohfassung zu Papier gebracht, berichtet Hohlbein.

Im Zentrum  steht der Turm – allwissend, archaisch, Äonen alt, hochentwickelt und unvorstellbar weit hoch. In ihm herrscht Prinzessin Arion. Im verwüsteten Umland leben primitive Menschen unter erbarmungslosen Bedingungen, im Turm die Priviligierten. Der Rebellenführer Craiden stellt die Allmächtigkeit des von Menschen geschaffenen Gottes in Turmgestalt in Frage und will ihn zerstören. Er begegnet Arion, zwei grundlegend verschiedene Individuen treffen so aufeinander. Sie müssen einsehen, dass egal welche Macht oder Technik existiert, die ursprünglichen Probleme ändern sich nicht. Völlig unterschiedliche Kulturen, mit absolut entfernten Ansichten nähern sich langsam an und es stellt sich die Frage, was  wichtiger ist: Macht, Geld, Unsterblichkeit oder kleinere herzliche, menschliche Dinge.

Und so spannt er den Bogen zur Wirklichkeit und holt uns aus der Welt des Turms in die Gegenwart zurück, um uns daran zu erinnern, dass auch in unseren Tagen die Technik nicht das Maß aller Dinge ist, wie uns gerade in Japan vor Augen geführt wird. Manchmal steht der Mensch einfach nur hilflos da, wie eine kleine Ameise.