NCN: Von Gothic-Rock bis Electro-Pop Drucken E-Mail
Geschrieben von: Charly Groß   
Freitag, den 09. September 2011 um 22:28 Uhr

Regen, Wolkenbruch und Sonnenschein kennt man aus vergangenen NCN-Tagen, im liebcvoll gestalteten Programmheftchen auch noch einmal nachzulesen. Doch zur diesjährigen Nocturnal Culture Night übertrifft Petrus alle Erwartungen,die man sich für Anfang September wünschen kann. Sonne satt, selbst das Wasser wird knapp. Bei gut 26 Grad gothrocken, synthisizeren und dudeln ca. 40 Bands vor Hunderten von Zuschauern.


Ashley Dayour, Whispers in the Shadow, nocturnal culture night 2011, copyright: RezianerGothicrock aus Österreich: Whispers in the Shadow

Aus Österreich angereist sind Whispers in the Shadow mit Frontmann Ashley Dayour. Mit schwarzem Hut und dunkler Kutte singt der aus dem Punkrock kommende Sänger, Songwriter und Gitarrist von Erzengeln, verlorenen Seelen und arkanischen Orten. Das düsterrockige Stück "If Uriel Falls" aus ihrem aktuellen Album "Eternal Arcane" (2010), dazu die charismatische an Robert Smith erinnernde Stimme Ashleys packt die Zuhörer beim ersten Anlauf.

Bunt gemischt ist das Set, das sich zur Hälfte aus "Eternal Arcane" und zur anderen Hälfte aus "Into The Arms of Chaos", aus dem Jahre 2008, zusammensetzt. Ganz neu aus diesem Jahr ist die mit Merciful Nuns und Vendemmian erarbeitete EP "The Lightbringer". Den Titelsong erleben die Zuhörer auf der NCN. Rockig und riffträchtig stellt er sich dar.

Wieder mehr melodiös und nachdenklich stimmend, kommt "Amenta Descending" daher. Im (Halb-)Finale dieses Stückes begeistert Ashley, der zudem Gitarrist der Band L'ame Immortelle ist, mit einem Gitarrensolo, das leise Drums vom Keyboarder begleiten. "Blood, Sweat & Tears" wird noch einmal feurig, bis das fünfzigminütige Konzert mit einem der mitreißenden Stücke aus dem 2008er-Album endet: "Rising Babylon".

 

tyske ludder, nocturnal culture night 2011, copyright: rezianerDerweil geht es auf der Mainstage weniger rockig als vielmehr industrial zur Sache. Tyske Ludder bringen die Körper zum Schwitzen – und zum Ende hin sorgen "Flughafen"-Rufefür einen zweiten Auftritt der Jungs um Claus Albers. Der holt schon mal die amerikanische Flagge raus, die ersten  Klänge sind zu hören, die Masse tobt: "Afghanistan" folgt.

 

Fünfzehn Jahre S.I.T.D.

Zurück an der kleinen Bühne haben sich Shadows in the Dark eingefunden. 15 Jahre jung ist die Futurepop-Formation inzwischen geworden. Das erste Mal sind sie in Deutzen. Mit "Rot V1.0" beginnt die Show, zu dem schon die erste Reihe mitsingen kann. Allzu kompliziert sind die Texte auch nicht gestrickt, dafür ist Mitmachpotenzial garantiert.

Eine Mischung als brachialem Synthie, melodischen Zwischenelementen und der kräftigen Stimme von Sänger Carsten Jacek wirbelt einem um die Ohren. Die Alben "Rot" (2009) und "Bestie Mensch" (2007) sind bei dem dargebrachten Mix gut vertreten. Mal auffordernd provozierend, mal wachrüttelnd, sind die Songs geschrieben.

Zu letzterem gehört auch "Herbsterwachen", "ein Stück über das Zusammenwachsen Deutschlands", so kündigt Jacek das Lied an. Mit ihm erinnert der Frontmann daran, dass noch längst nicht alles vereint ist. "Kreuzgang V.2" aus "Bestie Mensch" bringt wiederum die Glaubensfrage mit ins Spiel.

Mit einem kurzen melodischen Intro wird zu "Suffering In Solitude" übergeleitet. Kraftvoller Bass und hörbare Drums begleiten den Backgrounder und Synthesizer Thomas Lesczenski, eines der ruhigeren Stücke von S.I.T.D. Mit "Laughingstock" und "Lebensborn" ist das Ende des Sets fast erreicht. Zum krönenden Abschluss ertönt "Snuff Machinery", der Hit, mit dem sie den Durchbruch schafften. "Wir sehen uns draußen am Bierstand", wird noch versprochen, dann gehen sie von der Bühne.


kirlian camera, nocturnal culture night 2011, copyright: rezianer Kirlian Camera: Elena Alice Fossi live on Stage

Die Hauptbühne ist inzwischen belagert, kaum einen Schritt kann man noch gehen. Kirlian Camera werden erwartet – und dann sind sie da. Elena Alice Fossi steht vor Hunderten von Zuschauern.

Mal eine elektronisch härtere Gangart, mal eine zum Träumen verführende Melodie erklingen von der NCN-Bühne. Die charismatische, attraktive Powerfrau mit ihren langen schwungvollen Haaren zieht das Publikum mit Leichtigkeit in ihren Bann.

Eines ums andere Mal erfasst ein euphorischer Aufschrei die Menge, wenn die ersten Töne von Klassikern wie "Blue Room", "Anniversary" und "Odyssee Europa" zu hören sind. Auch Angelo, Manager und graue Eminenz der italienischen Electropop-Band, wagt sich ans Mikrofon. Während er aus dem Hintergrund tritt, wechselt Elena ans Keyboard. In seiner gewohnt tiefen Stimme präsentiert er Stücke wie aus der Zeit von "Solaris" und Co.

Kirlian Camera haben viele Projekte auf den Weg gebracht und sind bekannt für ihre elektronischen Experimente. Auch das aktuelle Projekt der Sängerin darf hier nicht fehlen: "Are you ready for Spectra Paris?", wird mit einem erwartungsvollen Jubel beantwortet. Ihre kraftvoll und doch so melodische Stimme hält anderthalb Stunden das Publikum gebannt. Auch "Nightglory", "the new song", veröffentlicht dieses Jahr im Juni, wird mit einem Applausregen belohnt.

Drei Zugaben geben sie, dann gehen sie von der Bühne.