Zwischen Klassik und Metal: Molllust im Interview Drucken
Geschrieben von: Charly Groß   
Sonntag, den 17. Juni 2012 um 04:43 Uhr

Molllust © Frank HelbigGerade noch standen sie auf der Bühne im Westbereich des Leipziger Hauptbahnhofs und freuten sich über den ersten Platz, den sie im Rahmen der Bachspiele 2012 belegt haben. Nach der Siegerehrung fanden Janika Groß und Frank Schumacher von der Leipziger Opera-Metal-Band Molllust Zeit für ein Interview.


Hallo Janika, hallo Frank. Schön, dass ihr die Zeit gefunden habt. Kommen wir gleich zur ersten Frage: Wie kam es zu Molllust?
Janika: In der Klassik gibt es viele kleine Nuancen und der Rockbereich hat eine unglaubliche Härte. Beides sind Stärken, die man miteinander super verknüpfen kann. Sowohl das Harte als auch die weichen klassischen Nuancen in einem Stück gleichzeitig benutzen zu können und dadurch die Musik facettenreicher zu gestalten, das war unsere Idee.


Janika, du singst Sopran. Bist du ausgebildete Musikerin?
Janika: Ich habe nicht an einer Hochschule studiert, aber ich habe es schon sehr intensiv mit Lehrern vorangetrieben.

Was heißt das genau?
Ich habe Unterricht und besuche Meisterkurse, um mich weiterzubilden, um mehr zu sehen als nur einen Lehrer. Das Meiste ist aber der Fleiß zu Hause, also wirklich selber zu üben und voranzukommen und daran zu arbeiten.

Seit wann singst du?
Janika: Ich singe, seit ich in der Lage bin, meinen Mund aufzubekommen (lacht). Wirklich unter professioneller Anleitung seit 2004. Seit dieser Zeit habe ich eine Gesangslehrerin. Ich habe vorher schon viel gesungen, bin seit 2003 hier im Uni-Chor unterwegs gewesen. Früher habe ich auch in Musicalgruppen und dergleichen gesungen. Dachte mir aber dann: Nur mit diesen Gruppen komme ich nicht weiter. Ich brauche jemanden, der mir professionelle Anleitung gibt und mit dem ich das Ganze noch einmal verschärfen kann.

Frank, wie bist du zu der Band gekommen?
Frank: Janika und ich haben uns auf einer Weihnachtsfeier getroffen. Da hab ich ihr erzählt, dass ich früher Gitarre gespielt habe. Da sie zu der Zeit Leute für ihre Band suchte, sind wir ins Gespräch gekommen. So bin ich zu Molllust dazugestoßen.

© Frank HelbigDein musikalischer Background ist Gitarre?
Frank: Genau, ich bin einer der typischen Autodidakten, die eine Gitarre in die Hand nehmen, ein paar Akkorde anfangen zu greifen und damit versuchen, Musik zu machen. Ich hab jetzt seit zwei Jahren, mit Molllust hat das angefangen, Gitarrenunterricht.

Und vorher?
Frank: Vor Molllust hatte ich in einer kleineren Leipziger Grunge-Kombo gespielt. Ich hatte da aber gesundheitliche Probleme an den Fingergelenken, was für einen Gitarristen tödlich ist, und dann halt zwangsläufig die Sache an den Nagel gehängt. Das hat sich jetzt wieder gebessert. Seit zwei/drei Jahren spiele ich auch wieder Gitarre. Da kam dieses Projekt genau richtig.

Wie kam es zum Auftritt bei den Bachspielen?
Janika: Ganz ursprünglich bekamen wir letztes Jahr eine Anregung von außen. Es war aber viel zu knapp. Drei Wochen später fanden schon die Bachspiele statt. Das haben wir uns dann vorgemerkt: Im nächsten Jahr kriegen wir das hin. Wir haben uns dann entsprechend rechtzeitig darum gekümmert, sodass wir auch antreten konnten.

Auf eurer Internetseite sind Popoolär und Band Community verlinkt. Sind schon Stücke von euch auf dem Popoolär-Onlinesampler zu hören?
Janika: Nein, haben wir noch nicht. Noch haben wir keine fertig abgemischten Lieder zur Verfügung. Wir nehmen jetzt gerade unser erstes Album auf. Eingespielt ist schon alles. Demnächst wird es gemastert und kommt dann raus. Das bieten wir dann auch dem Sampler an und nicht irgendein Live-Mitschnitt und dergleichen.

Habt ihr schon Kontakt zu Popoolär aufgenommen?
Janika: Wir arbeiten bei Popoolär mit. Wir versuchen, uns ein bisschen dort einzubringen, weil wir es für eine total gute Sache halten, dort die Musiker zu bündeln und gemeinschaftlich voranzukommen. Da machen wir sehr gern mit und sind auch hinter den Kulissen aktiv.

Wie lange habt ihr euch auf die Bachspiele vorbereitet?
Janika: Ich habe im März angefangen, Stücke zu schreiben. Im April war dann auch schon die erste öffentliche Probe, bei der wir was vorweisen mussten. Danach wurde es etwas ruhiger. So konnten wir uns letztendlich auf den finalen Auftritt vorbereiten.

Wie oft habt ihr in der Zeit ungefähr geprobt?
Frank: Neben den Proben, die jeder für sich macht, gab es ungefähr 8 Bandproben. Vor allem war wichtig, das Zusammenspiel zu üben und die Dynamik hineinzubringen. Für Rockmusiker ist es schwer, sich auf diese klassischen Tempi einzustellen. Damit haben wir die meiste Arbeit gehabt.

Neben dem gewonnenen Konzert, das in © Frank Helbigder Nato stattfinden wird, könnt ihr euch auch auf dem Marktplatz zu den Bachspielen 2013 präsentieren. Diese finden, so wird gemunkelt, zeitgleich mit dem Wave-Gotik-Treffen statt.
Janika: Wir sind auch unglaublich gespannt, wie die Leute dann auf dem Marktplatz auf uns reagieren. Es ist ja nicht unbedingt das, was der eingefleischte Bachhörer erwartet.

Die positive Resonanz zu eurem Auftritt war auf allen drei Ebenen im Hauptbahnhof zu spüren.
Janika: Es war beeindruckend. Wir haben uns unglaublich gefreut, wie viele Menschen einfach stehen geblieben sind, zugehört haben und auch wie unterschiedlich sie waren. Normalerweise, wenn wir in einem Metalclub spielen, haben wir Publikum von 18 bis 35 Jahren, grob geschätzt. Jetzt hier hatten wir Publikum von zwei bis neunzig. Das ist etwas vollkommen anderes. Man konnte sehr viele verschiedene Menschen erreichen. Das ist auf jeden Fall ein tolles Erlebnis, verschiedene Leute berühren zu können.

Molllust gibt es seit Januar 2010. Wie viele Konzerte habt ihr seit Bandgründung gegeben?
Janika: Wir haben 2011 im November unsere Besetzung komplett gehabt und haben im Dezember mit Konzerten angefangen. Seitdem haben wir im Schnitt ein Konzert im Monat.

Frank: Es war war für uns als noch relativ unbekannte Band sehr schwierig. Dass die Clubs auf einen aufmerksam werden bzw. dass sie sagen: Ja, wir geben euch die Chance, hier zu spielen. Wir sitzen mit unserer Musik Opera Metal zwischen den Stühlen. Da ist es schwer, interessiertes Publikum zu finden. Mit dem neuen Album hoffen wir auch, neue Möglichkeiten für Konzertauftritte zu erreichen.

Welche Clubs konntet ihr bis jetzt mit eurer Musik überzeugen?
Janika: Unseren ersten Auftritt hatten wir in Dresden, im Skullcrusher. Dann sind wir zweimal in der Villa in Leipzig aufgetreten, im Rockpool in Halle/Saale, im Train Control in Freiberg, im Mühlkeller in Leipzig und im Schauspielhaus in Chemnitz.

Zu den Bachspielen habt ihr Stücke von Bach neu interpretiert. Was ist außerhalb der Convention euer Lieblingsthema?
Janika: Bei den ursprünglichen Kompositionen habe ich eine kleine Geschichte gebaut, die ich bebildert habe. Da gehen wir jetzt von weg und suchen uns aktuelle Anlässe, die wir verarbeiten, gesellschaftskritische Themen. Es ist das, was einen gerade anspringt. Wo man sagt, das inspiriert mich zu einem Stück. Wir haben nicht ein Thema, das wir immer beackern. Das wird sich im Laufe der Molllust-Geschichte auch immer wieder wandeln.

Euer Debütalbum "Schuld" erhält derweil im Leipziger KickTheFlame-Studio seinen Feinschliff und wird demnächst erscheinen. Was erwartet uns auf der CD?
Janika: Auf diesem ersten Album geht’s relativ viel um Liebe und vor allem um ein schlechtes Gewissen, etwas nicht getan zu haben, um Schuldgefühle. 

Letzte Frage und zurück zur Convention: Wer kann bei euch als favorisierter Klassiker neben Bach noch mithalten?
Janika: Ich muss ehrlich gestehen, mein Lieblingsklassiker ist Rachmaninow. Ich hatte eine russische Klavierlehrerin. Sie hat mir sehr viel beigebracht, und sie hat mir die Liebe zu den russischen Komponisten mitgegeben. Der russischen Klavierromantik fühle ich mich sehr verbunden. Rachmaninow ist daher für mich als Klassiker ein großes Vorbild.

Vielen Dank an Janika Groß und Frank Schumacher für das Gespräch!


Band

Janika Groß: Gesang, Klavier
Frank Schumacher: Gesang, Rhythmusgitarre
Johannes Hank: Bass
Sandrine B.: E-Violine
Ronny Garz: Schlagzeug
Lisa H.: Cello


Weitere Infos

Homepage: www.molllust.de
Facebook: www.facebook.com/molllust