"We love you, es war mir eine Ehre" – Abschied oder Neubeginn: Phillip Boa & The Voodooclub live on Tour Drucken
Geschrieben von: Wolfgang Hesse   
Dienstag, den 06. Dezember 2011 um 22:31 Uhr

phillip_boa_© wolfgang_hesseVeni, vidi, vici: Boa kam, sah und siegte, so könnte man das Geschehen im Geraer Comma am 26. November 2011 kurz und knapp beschreiben. Die Alben "Helios" von 1991 und "Boaphenia" zwei Jahre später laufen an diesem Abend wie ein roter Faden durch das Programm.

Im März dieses Jahres wurden beide Kultalben in einer erweiterten und remasterten Version wiederveröffentlicht. Die damit verbundene Tour im Frühjahr durch die halbe Republik bescherte dem Voodooclub ausverkaufte Konzerte.

Die Tournee im Herbst ist da nur folgerichtig, um noch weitere Städte und Clubs Deutschlands zu besuchen. Gera bildet den offiziellen Abschluss dieser Kultreise durch über 20 Jahre Phillip Boa.

 

Electromixer KiEw als Supporter

An diesem Samstag füllt sich das Clubzentrum in Geras City sehr langsam. So ist beim Konzert von KiEw, die den Abend eröffnen, der große Saal noch ziemlich leer. Vielen Gesichtern der Anwesenden ist abzulesen: Was da von der Bühne tönt, damit haben sie jetzt nicht gerechnet. Grund: Das deutschsprachige Lüneburger Musikprojekt macht reinsten Electro-Industrial. Dabei ist vieles handgemacht. Die Töne kommen von Metallelementen, Drums, Gitarren und verschiedenen Soundmaschinen.kiew_© wolfgang_hesse

Ähnlich eines Patienten in einer Anstalt, umgeben von drei Pflegern, agiert Frontmann und "Meister des Wahnsinns" Andreas Thedens zwischen seinen Musikerkollegen. Dabei arbeiten KiEw mit Voicesamples und teils monoton wiederholten Phrasen, die akustisch mit diversen Geräuschen untermalt werden.

Dass man auch zu Musik und Rhythmus von KiEw abgehen kann, beweisen zumindest einige vor der Bühne. Die anderen stehen fassungslos daneben und können das Dargebotene nicht einordnen. Zumindest bei Szene-DJs dürften die Stücke von KiEw nicht unbekannt sein, füllen sie doch die Dancefloors einschlägiger Clubs. Mit "Odessa" verabschieden sich die Soundtüftler von den Zuhörern, die recht wenig Applaus für die gelungene Performance übrighaben.

Phillip Boa & The Voodooclub on Stage

Im mittlerweile sehr gut gefüllten Konzertsaal begrüßen die Zuhörer den Altmeister Phillip Boa euphorisch, obwohl sich der Frontmann während der ersten Songs noch etwas ins Geschehen und ins Konzert hineinfinden muss. "Euphoria" heißt der Opener und stammt vom 1993-er Album Boaphenia. Die Musik aus jenen Tagen der Neunziger scheint zeitlos zu sein. Boa interpretiert die Songs wie eh und je und sie kommen immer noch gut an. Bei der schnelllebigen Zeit ist das schon eine beachtliche Ausnahme innerhalb der populären Musik. Die Songs, beeinflusst vom britischen Punk und New Wave, sind eine Mischung zwischen Pop, Alternative und Avantgarde.

phillip_boa_gera2011_2_© wolfgang_hesseDer sanfte Gesang von Pia Lund und die markant brüchige Stimme von Phillip Boa ergänzen sich und charakterisieren den Erfolg in der mittlerweise 27-jährigen Bandgeschichte. Eingängige Melodien werden immer wieder von rhythmischen Zwischenteilen unterbrochen.

Die beiden Kultalben werden an diesem Abend nicht einfach Song für Song abgespult, sondern nur auszugsweise und gemischt mit anderen Hits präsentiert. Aus dem Album "Helios" beispielsweise spielten sie das Lied "The Undersea World Of Jacques Cousteau And His Friends", bei dem auch verschiedene Sounds von Electro bis Percussion zum Einsatz kommen.

Pogen erbeten

Nicht erst bei "Love On Sale", aber bei diesem Song besonders, wird heftig gepogt. Boa stachelt mit Gesten und Handbewegungen die Fans förmlich dazu an. So ergibt sich eine stille Kommunikation, die der Frontmann sichtlich genießt und ihn immer lockerer erscheinen lässt. Auch Wünsche werden an diesem Abend erfüllt: Philipp Boa & The Voodooclub spielen, abweichend von der regulären Setlist, "Ernest Statue", begeistert begrüßt von den Zuhörern.

Boa: "We love you, es war mir eine Ehre."pia_lund - © wolfgang_hesse

"Diana" beschließt das offizielle Set, aber wie erwartet gibt es einen ersten Zugabenblock. Der Saal brodelt, als die Hits "Container Love" und "Sirens from Hell" erklingen. Doch auch damit geben sich die Zuhörer noch nicht zufrieden. Boa, der inzwischen ein Glas Rotwein in den Händen hält, kommt um eine zweite Zugabe nicht herum. Zunächst singt Pia Lund "And Then She Kissed Her", den lang erwarteten Hit vom Album "Helios". Philipp Boa bedankt sich beim Publikum mit den Worten: "We love you, es war mir eine Ehre." Bevor das "für immer" letzte Lied erklingt, haben die Musiker noch "Love Will Tear Us Apart" als Zusatzsong im Programm.

Mit einer Welle von purer Begeisterung, die ihnen entgegenschlägt, gehen sie schließlich nach "Kill Your Ideals" von der Bühne.

Das Konzert beweist: Boa ist wieder zurück (oder war er überhaupt weg?). Obwohl als Abschiedstour gedacht, brachte das Jahr 2011 für Sänger und Band eine Wiederbelebung ihrer deutschlandweiten Anhängerschaft. Der Abend im Geraer Comma mag zur Reincarnation einen guten Teil beigetragen haben.

Bildergalerie: http://wohesse.hostingsociety.com/Boa_Gera_Comma

Doch damit ist's noch nicht genug: Wie jedes Jahr können die Fans Phillip Boa bei seinen inzwischen schon legendären Weihnachtskonzerten in der Leipziger Moritzbastei wiedersehen und -hören. Und wie immer sind die Karten allzu schnell vergriffen.

Termine
26.12.2011 – Leipzig, Moritzbastei
27.12.2011 – Leipzig, Moritzbastei
28.12.2011 – Leipzig, Moritzbastei

Weitere Infos

Homepage: http://www.phillipboa.de/
Youtube: http://www.youtube.com/pboa
Myspace: http://www.myspace.com/phillipboaandthevoodooclub
Facebook: http://www.facebook.com/phillipboaandthevoodooclub

Vielen Dank an das Phillip-Boa-Management für Fotoerlaubnis und Platz auf der Gästeliste!