Auftakt zum WGT: Die Bands der ersten Stunde Drucken
Geschrieben von: Sascha Richter   
Samstag, den 18. Juni 2011 um 21:56 Uhr

Seit nunmehr 20 Jahren trifft sich die schwarze, dunkelbunte Szene in Leipzig zum Wave-Gotik-Treffen. Aus diesem Anlass begann das Festival bereits am Donnerstag, 9. Juni, und feierte das Ereignis mit Bands, die bereits beim ersten Zusammenkommen auf der Bühne standen.


Das Ich: Stefan Ackermann fehlt

Doch erst einmal ist der Anfang anders als geplant. Das Ich, Band Numero eins an diesem Abend, ist nirgends zu sehen. Stattdessen erscheint ein Text auf der Leinwand, der nichts Gutes verheißt – und wirklich: Bruno Krammdas ich steht da, aber ohne seinen Partner und Freund Stefan Ackermann. Dieser liegt zu der Zeit im Krankenhaus auf der Intensivstation.

Nach über 20 Jahren steht Bruno Kramm als Teil von Das Ich allein auf der Bühne, und das mit gemeinsamen Musikerfreunden. Sie übernehmen dabei den Gesangpart. Befremdlich klingen "Kain und Abel" mit einer Frauenstimme, "Gottes Tod" (mit Oswald Henke) oder "Destillat" ohne die markante Stimme des Frontmanns. Immer wieder zwischendurch erinnert Bruno Kramm das Publikum an seinen Partner.

Mit einem riesigen Applaus werden Das Ich und Freunde verabschiedet, wobei viele Genesungswünsche für den Sänger, laut oder leise, folgen.

Electro-Rock aus Köln: Sweet William

Nun ist es Zeit für die zweite Band, die 1992 ihren großen Auftritt zum ersten WGT feiern konnte: die Kölner Electro-Rocker Sweet William. Von der ehemaligen Besetzung ist nur noch Frontmann Oliver Heuer übrig geblieben, doch dieser schaut auf 25 Jahre Bandgeschichte und eine Liste von  über 20 Veröffentlichungen. Seine neue Crew folgt ihm nun schon seit neun Jahren. Erst im vergangenen Jahr erschien das neue Album "Brighter Than The Sun".

Neue Deutsche Todeskunst: Henke spielt Goethes Erben

Kurz vor neun ein selten gewordener Anblick: Oswald Henke spielt mit seiner aktuellen Band Henke Stücke von Goethes Erben. Er und Mindy Kumbalek sind die Köpfe einer Band, die die Oswald Henke - copyright: Sascha RichterSzene maßgeblich prägte und die Neue Deutsche Todeskunst (NDT) überhaupt erst möglich machte. Dieses Mal muss es ohne die Pianistin gehen. Als Gastmusikerin ist die Goethes-Erben-Geigerin Susanne Reinhardt dabei.

Dynamisch und gewohnt theatralisch verspricht der Auftritt zu werden.

Nicht selten springt Oswald Henke auf eine der großen Boxen im Graben zwischen Podest und Publikum, während die Bühne in ein abwechslungsreiches Spiel aus Licht, Farbe und Nebel getaucht wird. Wer kurz den Blick nach oben wendet, kann wellenartige Lichtmuster an der großen Hallendecke betrachten.

Goethes Erben ist und bleibt ein Musiktheater, und das zeigt sich durch die vielen Requisiten, die der Sänger aus dem schwarzen Koffer zaubert. Nebst ständig neuer Gehröcke taucht auch schnell mal eine Krone auf der mit Kerzen erhellten Bühne auf und sitzt bald darauf auf dem Haupt des freudestrahlenden Gitarristen.

Gespielt wird alles, was Herz und Szene begehren: Angefangen bei "Vermisster Traum" über "Eissturm" bis zu "Das schwarze Wesen", "Die Brut", "Iphigenie", "Zinnsoldaten" und dem Kultklassiker "Sitz der Gnade" wird man in die düsteren Neunziger-Jahre zurückversetzt.

Gothic Rock aus Leipzig: Age of HeavenAge og Heaven - copyright: Sascha Richter

Die Leipziger Age of Heaven schließen sich an. Wie bei so vielen der alten Bands ist nur noch der Kopf J. U. Age übrig geblieben. Der Sänger und Band-Gründer blickt inzwischen zurück auf 21 Jahre Gothic Rock. Bereits beim ersten Moonchild Festival war Age of Heaven dabei. Ein paar Monate danach sollte daraus das Wave-Gotik-Treffen entstehen.

Am WGT-Donnerstag spielen sie wieder bei stimmungsvollem gedämpften Licht inmitten von Nebelschwaden und begeistern von "Armageddon" bis "To The Clouds" mit teils sehr alten und brandaktuellen Liedern.

Electro und Dark-Wave: The Eternal Afflict

Bereits eine Stunde später tritt die nächste Band auf die Bretter, welche die Welt bedeuten: The Eternal Afflict. Sie können trotz kurzzeitiger Trennung eine Vielzahl veröffentlichter Alben vorweisen und dadurch eine gute Mischung ihres Repertoires präsentieren.
Love like Blood - copyright: Sascha Richter
Eine Diashow im Hintergrund zeigt abwechselnd Dämonen, Pein und Tod, die die stark energiegeladenen, geschrienen Lieder untermalen.

Dabei können Mark und Cyan auch nicht still stehen und putschen mit ihrer Power das Publikum zum Schreien und Tanzen regelrecht auf.

Gothic Rock nach Mitternacht: Love like Blood

Nachts halb eins beginnt schließlich das letzte Konzert des ersten Festivaltages. Erwartet werden Love like Blood aus Baden-Württemberg. Am Anfang allerdings ist noch nichts von den Hardrockern und Gothic-Metalern zu sehen.

Innerhalb eines dichten Nebelschwadenvorhangs dann spielen die ersten Lieder und die tiefe charismatische Stimme von Frontmann Yorck wird mit begeistertem Beifall begrüßt. Während sich der Nebel langsam lichtet, entstehen aus den Silhouetten allmählich die Musiker.

Nach zwölf Jahren sind sie wieder live zu erleben und nur zum WGT. Ob "Liberation", das verträumte "Dear Cathrine", oder das rockige "Fallacious World", die Fans erkennen ihre Lieder. Euphorie vermischt sich mit Wehmut, denn immerhin soll dies der erste und letzte Auftritt der Band sein.

Mit ihrer ausdrucksstarken Musik bilden Love like Blood den Abschluss des Abends und zugleich eine besondere Einleitung zu den kommenden Tagen des WGTs.