Wenzel & Band: Widersteh, So lang Du's Kannst Drucken E-Mail
Geschrieben von: PSC   
Montag, den 18. Februar 2013 um 19:19 Uhr

(c) WenzelLabel: Matrosenblau
Genre: Folk
Erschienen: 15. Februar 2013

Im Dezember letzten Jahres wurde Wenzels "Woody 100" vom Verein für deutschsprachige Musik e.V. zur CD des Jahres gewählt. Sie war als Tribut an Woody Guthrie gedacht. Nun erscheint das neue Album "Widersteh, So Lang Du's Kannst", auf dem 13 Lieder zu finden sind, zwischen Trauer und Wut, nie politisch korrekt, immer konsequent direkt und mit messerscharfen Texten. Wie ein Arzt mit Skalpell seziert Wenzel mit Gitarre, Akkordeon und Keyboard die Welt, schreibt über Liebe und Tod, Sehnsucht und Vergänglichkeit, spürt den Lebenslügen nach und legt den Finger in die Wunde. Schonungslos offen gestalten sich die Texte, unterhalb der Gürtellinie sind sie angesiedelt, subversiv und zynisch, ohne Wenzel als Zyniker zu entlarven.

Scharfer Beobachter und sinnlicher Poet

Früher trat der Musiker zusammen mit Steffen Mensching auf, um als Narr sagen zu können, was jedem anderen verwehrt war. Diese Narrenfreiheit hat er sich bis heute bewahrt. Parallelen zu seiner allerersten CD "Stirb Mit Mir Ein Stück" kommen einem manchmal in den Sinn.

Im Vergleich zum Anfang seiner Karriere ist sein heutiger Gesang melodischer und das Arrangement seiner Texte weitaus breiter, bunter und harmonischer geworden.

Das Liebeslied "In Dieser Nacht Hier" beispielsweise haucht seine raue Stimme zart in einer Poesie, die ihresgleichen sucht. Diesmal fährt er nicht wie auf "Glaubt Nie, Was Ich Singe" auf dem Augenbogen seiner Liebsten dahin. Diesmal ist sein Ankerplatz ihr Mund.

In "Corn Island", weit weg von zu Haus, ist das Meer für den Fernweh liebenden Wenzel an seiner Seite, seine Sehnsucht bleibt hier jedoch unerfüllt. Untermalt von spanisch anmutenden Gitarren nimmt uns der Matrose mit auf seine Reise.

Auch ein Trinklied darf nicht fehlen. Das "Weinlied" kommt in einem militärischen Marschrhythmus daher, welcher beim Lesen der Liederliste wohl am ehesten bei "Meister Des Krieges" vermutet werden würde. In dieser von Wenzel ins Deutsche übertragenen Version des Bob-Dylan-Klassikers "Masters Of War" spart er nicht an klaren Worten und lässt keinen Zweifel daran, was er von der Politik, den Waffenbossen und dem Krieg hält: "So als wäre ein Krieg zu gewinnen, welch Scheiß."

Er sieht anderen beim Leben zu und erzählt uns Geschichten von Menschen, die in der heutigen hochökonomisierten Gesellschaft, wenn überhaupt, nur als überflüssige Randfiguren wahrgenommen werden. Fast schon märchenhaft kommt der Bettler "Auf Einem Bein" als Zauberer, Artist und Clown daher, als "ein Wunder, das hier niemand braucht".

Keine Spur von Anklage, er macht niemanden für sein Schicksal verantwortlich, jammert nicht, sondern lebt einfach. Eine Zeile aus diesem Lied hat nicht zufällig dieser CD den Namen gegeben.

Über Stillstand und Veränderung

Wenzels Texte sind bei weitem mehr als nur schön klingende Worthülsen; sie besitzen Inhalt, Tiefe und Schwere. Diese Musik ist zum Zuhören gemacht. Dabei gleitet seine häufig vorhandene Melancholie jedoch nicht ins Destruktive und Resignative ab. Aller Idiotie und Trostlosigkeit zum Trotz spendet er Hoffnung und Trost. Tatsächlich, so doziert Wenzel auf der Bühne, besitzen wir immer nur zwei Möglichkeiten: entweder alles so lassen, wie es ist, oder etwas daran zu ändern.

Diese Konsequenz schlägt sich auch im "Selbstmord" nieder. "Wenn man zum Leben nicht mehr 'Ja' sagen kann, wächst der Tod als ein Retter heran." Er zählt auf, welche berühmten Personen sich umgebracht haben, verdammt dessen Tun nicht, sondern enttabuisiert es, bringt Verständnis auf: "Gründe gibt es genug zu gehen, mehr als zu bleiben", und gelangt schließlich zum Höhepunkt: "Nur ein Selbstmörder weiß, was zu leben heißt."

Hört man jedoch dieses Stück,  straft Wenzel unsere Vorstellungen Lügen! Er konterkariert durch die Musik, die in den Worten mitschwingende Verzweiflung. Die Schwere des Textes bleibt bestehen, doch durch die fröhlich-freundliche musikalische Untermalung mit Akkordeon und Trompete ist Verneinung und Verbitterung leichter erträglich. Selbst ein Verzweifelter, welcher mit dem Gedanken spielt, seinem Leben ein Ende zu setzen, könnte nach dem Hören dieses Liedes vermutlich doch nicht vom Hochhaus springen, sondern mit einem zufriedenen Schmunzeln reagieren und, zumindest vorerst, weiterleben.

Genau in dieser scheinbaren Unvereinbarkeit ist der Kunstgriff seiner Musik: Wenzel bringt zusammen, was nicht zusammenpasst, verbindet es jedoch so geschickt miteinander, dass der Hörer den Eindruck gewinnt: Es muss zusammengehören.

Mit der neuen CD liegt eine in sich stimmige und abgerundete Kompilation vor

Hans-Eckardt Wenzel hat noch immer etwas zu sagen. Ehrlich gegen sich selbst und andere kommt der Künstler daher, mit einem Hauch von Altersmilde. Seine Musik bleibt ein "Dazwischen" mit dem Prädikat: besonders wertvoll. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass diese Veröffentlichung gute Kritiken ernten wird.

Trackliste
01  Alles (03:06)
02  Bekenntnis (04:03)
03  Corn Island (04:59)
04  Stacheldraht, Elektrozaun (03.08)
05  Glückssucher (04:57)
06  Auf einem Bein (05:01)
07  Meister des Krieges (03:54)
08  Die Schwalben (03:04)
09  Weinlied (03:25)
10  Selbstmord (04:27)
11  Warten in C. (03:49)
12  In dieser Nacht hier (03:42)
13  Die Gitarre auf dem Rücken (03:01)

Band
Wenzel: Akkordeon, Gesang, Gitarre, Piano
Hannes Scheffler: Gitarren, Bass
Thommy Krawallo: Gitarren
Stefan Dohanetz: Drums, Perkussion

Homepage: www.wenzel-im-netz.de

Wenzel live 2013
14.02. Dresden, Wechselbad               
15.02. Freiberg/Sa., Tivoli               
16.02. Berlin, Kesselhaus/ Kulturbrauerei       
28.02. Magdeburg, Feuerwache           
01.03. Frankfurt/M., Das Bett           
02.03. Offenburg, Salmen               
03.03. Lörrach, Burghof               
09.03. Salzwedel, Hanseat               
16.03. Hoyerswerda, Kufa               
01.05. Zollbrücke, Theater am Rand           
02.05. Oldenburg, Kulturetage           
04.05. Rostock, Circus Fantasia           
10.05. Naunhof, Kranwerk               
24.05. Dessau, Marienkirche               
26.05. Halle, Objekt 5               
27.05. Beulbar, AmViehTheater


Vielen Dank an Music Matters für die Bereitstellung des Promotionsmaterials sowie an KunstMedienPlatz für die Unterstützung!