Bernemann, Dirk: Ich hab die Unschuld kotzen sehen Drucken
Geschrieben von: Cindy Loether   
Donnerstag, den 09. September 2010 um 20:50 Uhr

MatrixSeiten: 116, Taschenbuch
Verlag: Ubooks
Genre: Kurzgeschichten/Poesie
Sprache:
Deutsch
ISBN-10:
3-937-53659-0
ISBN-13: 978-3-937-53659-0
Erschienen: 3. Januar 2005

Dirk Bernemann berichtet in Kurzgeschichten von den Schicksalen verschiedener Menschen, welche durch dünne Fäden miteinander verwoben sind. Es entsteht eine Sicht auf unsere Welt, wie sie sonst eher übersehen wird. Erzählt wird unter anderem von der Prostituierten Lydia, die mit einem Auftragsmörder zusammen ist. Sie wirft sich vor eine Straßenbahn, dessen Fahrer mit einem Terroristen befreundet ist. Dieser wiederum sprengt eine Chemiefabrik in die Luft, und so geht es immer weiter. Auf diese Weise spinnen sich die Fäden durch die kurzen Erzählungen und lassen eine große Geschichte entstehen. Die Gedanken und Gefühle der Menschen werden so real dargestellt, dass man sich in die Personen hineinversetzen kann.

Die Sprachwahl des Autors ist dem sozialen Umfeld der Protagonisten nachempfunden, teilweise erschreckend authentisch. Es dauert einen Moment, bis der Leser sich an die durchaus flätigen, heftigen und derben Ausdrücke der Umgangssprache gewöhnt hat. Dennoch, sie sind durchaus passend und unterstützen die Wirkung der Geschichten.

Das Buch besteht aus zwei Teilen, den Geschichten und einer Sammlung zeitgenössischer Gedichte des Autors. Sie können jedoch nicht mit den Kurzgeschichten mithalten. Auf kurzen 112 Seiten wird der Leser von Dirk Bernemann in eine brutale, frustrierte und unschöne Welt entführt.

Die Brutalität der Realität ist ergreifend. Diese Geschichten könnten so geschehen. Hier jetzt und heute, oder auch nicht. Hat man sich einmal an die kräftigen Ausdrücke gewöhnt, verschlingt man die Seiten im Nu, um viel zu schnell festzustellen, dass es zu wenige sind. Die Kürze ist bei diesem Buch das Salz in der Suppe. Auch wenn als Beigabe Gedichte des Autors gereicht werden, sind es insgesamt nur etwas mehr als hundert Seiten. Der Leser wünscht sich mehr, mehr von diesen gewagten Geschichten, die in ihrer Faszination viel erwarten lassen.